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14.07.2016

Zwischen zwei Haltestellen (87)


Vorgestern auf der Fahrt zurück in die Stadt.
Der Schnellzug ist spärlich besetzt. Ich habe ein Abteil für mich allein.
Die Zugbegleiterin erscheint kurz nach Abfahrt des Zuges für eine Billettkontrolle.
Ich zeige mein Abonnement.
Die Frau im Abteil nebenan hat eine Mehrfahrtenkarte in der Hand und stösst mit zitternder, aufgeregter Stimme hervor: "Die habe ich vorhin am Automaten gekauft und dabei vergessen, die Fahrt abzustempeln."
Sie beginnt zu weinen.
Die Kondukteurin, eine gestandene und erfahrene Frau, glaubt ihr und entgegnet ruhig und sachlich: "Das macht für Sie 10 Franken. Eigentlich wären es ja 90 Franken!"
Nun zieht die Frau eine Zehnernote aus ihrem Geldbeutel und schluchzt: "Immer passieren mir so blöde Dinge!"
Mit dem genau richtigen Mass an Empathie antwortet die Kondukteurin: "Nehmen Sie das nicht so schwer. Das ist kein Unglück und kann allen passieren!"
Als ob dieser Satz die Schleuse noch ganz geöffnet hätte, beginnt die Frau nun haltlos zu weinen.
"Brauchen Sie ein Taschentuch?"
Als die Frau nickt, streckt ihr die Kondukteurin ein Papiertaschentuch hin.
Dann geht sie weiter.
Kurz vor Basel kommt sie nochmals vorbei.
Sie schaut die Frau, die sich in der Zwischenzeit wieder gesammelt hat, kurz an und nickt ihr aufmunternd zu.
Diese lächelt zurück.









8 Kommentare:

  1. HalloHausfrauHanna
    Deine Zwischen zwei Haltestellengeschichten gehören mit zum Feinsten und sind schön beobachtet. Es sollte mehr, viel merh, sehr viel mehr Menschen vom Schlag dieser Kondukteurin geben!

    Gruss vom Pesche

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  2. Wie gut das ausgegangen ist für die Frau mit dem Mehrfahrten-Billet.
    Mir scheint, dass die Betroffene noch ganz andere Probleme als dieses haben könnte.
    Und dass womöglich dieses Malheur das "Fass" zum überlaufen brachte.

    Ja, Pesche sagt es: Von diesen patenten Frauen wie der Kontrolleurin in Ihrer Schilderung sollte es viel mehr geben!

    Herzlichen Gruss nach Basel,
    Frau Quersatzein

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  3. Genau das,
    lieber Pesche,
    habe ich auch gedacht - hat mich die professionelle, souveräne und menschliche Art der Kondukteurin doch sehr beeindruckt!

    Herzlichen Gruss ins Wochenende
    Hausfrau Hanna

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  4. Ja, diese alltäglichen Geschichten,
    liebe Frau Quersatzein,
    hinter denen sich kleine oder grössere menschliche Schicksale verbergen -
    und die 'man' im ÖV oft hautnah miterlebt...
    In diesem Fall eine reife Frau von Mitte/Ende 50, die völlig überfordert war und ganz praktische Hilfe bekam.
    Ich habe mich still gefreut.

    Herzlichen Gruss in den jungen und sonnigen Morgen
    Hausfrau Hanna



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  5. Was so ohne Worte zu sagen ist...
    Diese kleine Geschichte gefällt mir! All solche Vorkommnisse sind es wert, erzählt zu werden!
    Gruß von der Schauergans

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  6. ganz wunderbar sind ihre mitfahrgeschichten! solch eine kondukteurin wünscht man sich bei solchen malässen. hier hat man immer den eindruck, ein jeder kontrolletti freut sich diebisch, wenn er jemanden "stellen" kann. und da ist es wurscht, ob vorsatz oder missgeschick. die beine werden breiter gesellt, das kinn vorgereckt und man fühlt sich voll im recht. es gibt ja auch prämien...
    da erfreut diese kondukteurin das herz...
    lieber gruß nach Basel
    Sylvia

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  7. Danke,
    liebe Frau Schauergans,
    für Ihre wertschätzenden Worte!
    Erst schauderte es mich ja leicht: Wegen der SCHAUER-gans...
    Dann begriff ich, dass Sie sich als SCHAUERIN bezeichnen:)

    Herzlichen Gruss von der SchauerHannaBasel

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  8. Mir ging es genauso,
    liebe Sylvia,
    als ich die kleine Szene im Zug aus nächster Nähe miterlebte :)
    Ich weiss nicht, ob die Kontrolleure/Kondukteurinnen hier besonders geschult werden:
    Ein derart unangenehmes Verhalten, wie du es beschreibst, habe ich hier noch nie erlebt!
    Bestimmtes, klares Auftreten schon. Aber stets korrekt und der Situation angepasst.

    Einen herzlichen Gruss aus Basel
    Hausfrau Hanna

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