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22.01.2017

Schneespaziergang (6)


Diese Woche herrschte eine Eiseskälte. 
Tagsüber waren es zwei, drei Grad unter dem Gefrierpunkt -
nachts sogar bis zu zehn.
Ging dazu die Bise, fühlte es sich noch kälter an. 
Und das trotz lammfellgefütterter Stiefel 
und eines mehrfach um den Hals geschlungenen Wollschals.
Beim Einsteigen ins Tram beschlug sich die Brille,
und die Aussenwelt erschien plötzlich neblig und diffus.
Selbst gepflegte Frauen hörte ich geräuschvoll schniefen -
einer hätte ich um ein Haar ein Papiertaschentuch angeboten.
Heute vor 100 Jahren wurde in Basel Rainer Brambach geboren,
der Lyriker, der für mich zu den besten gehört.
(eines seiner Gedichte habe ich im PS. angefügt).
In seiner Biografie 'Ich wiege 80 Kilo, und das Leben ist mächtig'
lese ich, dass es damals ebenfalls bissig kalt war.
Die Temperaturen blieben bis weit in den Februar hinein konstant unter null.
Und die Sonne zeigte sich kaum...

Hier und heute jedoch ist es hell - die Sonne drückt durch :)




PS.

Minus zehn Grad
und immer noch mal kräftig
ins Nastuch geschneuzt
die Triefaugen gewischt
und gehupft und gesprungen
dass die Eispfütze kracht
ein zartes Spinett dauernd
im Ohr tönt -

Rainer Brambach, 22.Januar 1917 -  14.August 1983
aus Gesammelte Gedichte, Diogenes Verlag Zürich

8 Kommentare:

  1. Wie schön, liebe Hausfrau Hanna, unserem Lieblingsdichter anlässlich seines 100. Geburtstags auch bei Ihnen zu begegnen.
    Es ist herrlich, wie er die einfachen und auch komplizierten Dinge so knackig, direkt und leidenschaftlich auf den Punkt bringt.

    Frohe Grüsse zu Ihnen an den Rhein,
    Frau Quersatzein

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  2. Man kann die Kälte nicht besser in Worte fassen als Rainer Brambach! :-)
    Wir kommen gerade von einem Ausflug in Stuttgart zurück. Auf der Schwäbischen Alb hat der strenge Frost überzuckerte Bäume und die mittägliche Sonne eine Zauberwelt erschaffen! :-)

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  3. Und dass am 22.Januar,
    liebe Frau Quersatzein,
    auch Strindbergs Geburtstag ist, hat mich doppelt gefreut:
    Danke für diese Info!

    Brambachs Biografie ("Ein Lyriker ausserhalb der Moden, der Cliquen, der Tendenzen" Hans-Jürgen Heise, Die Zeit) ) fasziniert und beschäftigt mich -
    ich habe gestern bis spät nachts gelesen, bin nicht los gekommen...

    Frohe Grüsse zu Ihnen in den Nachbarkanton
    Hausfrau Hanna

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  4. Solche Winterausflüge,
    liebe Anhora,
    und Spaziergänge sind mit vom Schönsten, was es gibt!
    Ich kann da auch mitreden :)

    Und Brambachs Gedichte sind einmalig, ausserordentlich und eigenständig.
    Sein Leben auch...

    Herzlichen Gruss in den Wochenbeginn
    Hausfrau Hanna

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  5. klasse! und ich denke, auch ich sollte mich endlich mal mit Rainer Brambach befassen, was ich bei dir (und bei Brigitte) bisher zu lesen bekam, ist wunderbar.
    und dein foto - großartig! man könnte meinen, ein vogel hätte sich in den abgrund gestürzt, aber zum glück gibts da ja noch diese hübschen flügel;-)))!
    herzlich
    Sylvia

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  6. Sich mit Brambach zu befassen,
    liebe Sylvia,
    ist eine sehr gute Idee :)!
    Seine Gedichte sind für mich immer wieder eine Offenbarung.
    Und die Biografie hat mich eben erst (fast) die Nacht durchlesen lassen.

    Das Bild zeigt übrigens Taubenspuren im Schnee am Rand des Tinguelybrunnens :)

    Herzlichen Gruss in die Wochenmitte
    Hausfrau Hanna

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  7. Sich mit Herrn Poet Brambach befassen, ja, bei Gelegenheit. Vor allem interessieren mich die Lebenssachen. Sie haben da ein entsprechendes Buch, liebe Hausfrau Hanna, ist das schlüssig, ist das lohnenswert zu lesen?
    Gruß vom Trübnisrhein

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  8. Mich,
    liebe Frau W.,
    hat die Biografie gepackt. Und mitgenommen. Wort für Wort. Satz für Satz.
    Das Leben des Erdarbeiters und Lyrikers Rainer Brambach war aussergewöhnlich - auch wenn er es wohl nicht so gesehen hätte...

    Ja, der Rhein!
    Noch nie in all den vielen Jahren habe ich ihn mit wo wenig Wasser gesehen...

    Gruss von der BaselHanna





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