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27.11.2009

Die Frau mit den fünf Elefanten


Seit zwei Wochen läuft im Kino ein Film mit und über Svetlana Geier, die als Übersetzerin der fünf grossen Werke Dostojewskijs bekannt und berühmt worden ist:  'Die Frau mit den fünf Elefanten'.

Gestern Abend  nun schaute ich ihn mit R., die beruflich mit Übersetzungen zu tun hat, im Kino an. Wir gingen glücklich nach Hause. An diesem Film stimmte alles!

Es ist ein dichter, langsamer und ruhiger Film. Die Kamera begleitet Svetlana Geier bei der Haus- und Textarbeit und beim bedächtigen, achtsamen Teetrinken aus einer blaugemusterten Tasse. Dabei lässt sie uns teilhaben an ihren Gedanken zu Sprache, Übersetzungsarbeit und ihrer Kindheit in der Ukraine. Immer wieder geht die Kamera ganz nah an ihr Gesicht und verweilt. Und Svetlana Geier lässt es zu. Die Ruhe und Abgeklärtheit, die Wachheit und der Charme ihrer Persönlichkeit ziehen einen in den Bann, und man wird selbst ganz ruhig und innerlich.

Für mich die bewegendsten Szenen sind jene beiden, in denen der Tod im Zentrum steht. Zusammen mit ihrer Enkelin reist sie nach über 60 Jahren nach Kiew, den Ort ihrer Kindheit. Als sie mit der Enkelin im hohen Schnee vor dem Grab ihres Vaters steht, der an den in der Haft erlittenen Folterungen unter dem Stalinregime gestorben ist, wirkt sie zerbrechlich und zart. Aber auch getragen von einem tiefen Glauben, während sie ein russisches Gebet spricht.
In der anderen Szene ist sie in ihrem Zuhause. Sie erzählt von ihrem erwachsenen Sohn Johannes. Er ist vor Kurzem gestorben, eineinhalb Jahre nach einem schweren Arbeitsunfall. Ein Kind bette man in die Wiege, und genauso habe ihr Sohn im Sarg gelegen. Sie sagt es gefasst und mit grosser Würde. Und streicht dabei behutsam und zärtlich über ein Holztier, das ihr Sohn geschnitzt hat.
"Für Pausen bin ich zu alt", sagt sie zu Beginn des Films, und als der Filmemacher  nachhakt, was sie damit meine, ergänzt sie: "Ich schulde dem Leben etwas". Bescheidenheit und Demut zeichnen wahrscheinlich jene Menschen aus, die sich einem grösseren Ganzen unterordnen können, ohne sich dabei klein zu machen und zu verbiegen. Svetlana Geier gehört zu ihnen.

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