In der letzten Schwedischstunde. Wir hatten das Thema 'Reisen'.
Ein Teilnehmer, er wuchs in den Siebzigerjahren auf, erzählte lachend von den Ferien, die er als Bub mit seinen Eltern Jahr für Jahr auf dem gleichen Campingplatz an der italienischen Adria verbracht hatte.
Als Kind hätte mich das neidisch gemacht.
Blieben wir doch Sommer für Sommer zuhause im Garten. Gingen ins Schwimmbad. Mussten Kirschen pflücken. Machten, was einer sommerlichen Krönung gleich kam, einen
Tagesausflug in die Berge.
So war das damals üblich.
Das Geld für Ferien oder gar Auslandreisen fehlte in den meisten Familien.
Ich erinnere mich jedoch, dass wir einmal nach den Sommerferien eine grosse Muschel geschenkt bekamen mit der Aufforderung, sie ans Ohr zu halten.
Wir pressten also unsere Kinderohren an das leere Gehäuse und hörten deutlich ein sanftes Wellenrauschen im Innern. Gebannt lauschend wähnten wir uns am Meer, das wir nur vom Erzählen kannten.
Von den wenigen Leuten, die in Rimini oder Jesolo waren...
Carl Eldh, 1873-1958, schwedischer Bildhauer
Skulptur in seinem ateljé in Stockholm
(...)
Von aussen besehn,
Scheint das Gehäuse ganz leer
Innen.
Aber das Meer
Ist heimlich da drinnen.
Horch, wie es rauscht,
Wenn man dran lauscht!
(...)
Mascha Kaléko, 1907 - 1975