Am Samstagmorgen im Regiozug.
Ich wühle im Gepäck nach Brille und Buch, als kurz vor Abfahrt zwei ungefähr 20-jährige Männer mir gegenüber Platz nehmen. Der eine trägt ein weisses Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, dunkle Jeans, Wildlederboots und eine Ballonmütze, die er während der ganzen Fahrt immer wieder abnimmt, um sich mit eleganter Bewegung die Haare zurückzustreichen.
Der andere, er setzt sich ans Fenster mir gegenüber, hat die starkgewellten Haare im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden. An seinem Hals pendeln zwei Ohrstöpsel.
Es ist eine ganze Weile her, seit ich ein so freundliches, offenes, waches Gesicht gesehen habe.
Da mich die Sonne blendet, schütze ich die Augen mit der Sonnenbrille, lasse das Buch Buch sein und gebe mich dem ungestörten Lauschen hin...
"
Supertramp! Einfach geil diese Musik", schwärmt mein direktes Gegenüber.
Das erstaunt mich. Supertramp? Die waren doch zu meiner Zeit aktuell...
"Was meinst du zu den Beatles und den Stones?" fragt ihn sein Freund. Er ist der Wortkarge, Ruhige.
Dieses Stichwort lässt mein Gegenüber übersprudeln:
"Mit den Stones konnte ich zuerst nichts anfangen. Die Beatles jedoch: Götter!"
Innerlich und völlig lautlos pflichte ich ihm bei.
"Meine Mutter hat übrigens eine Zeitlang in derselben Strasse gelebt wie John Lennon."
In den ersten Minuten dieser Bahnfahrt erfahre ich noch ihr Ziel:
Ein
Musikfestival für neue Musik "in einem Kaff im oberen Kantonsteil, das bestimmt nur einen oder zwei Bewohner hat..."
PS. Fortsetzung der Zugfahrt morgen :-)