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31 Dezember 2009

Wenn das Jahr zu Ende geht...


Wo kämen wir hin,
wenn alle sagten:
"Wo kämen wir hin?",
und niemand ginge,
um einmal zu schauen
wohin man käme, wenn man ginge?

Kurt Marti


2010   Ich wünsche euch ein gutes Weitergehen und  Unterwegssein. 
                      Möglichst oft zu Fuss...
                      Hausfrau Hanna




30 Dezember 2009

Der Messias

Dreimal schon habe ich den 'Messias'  - nein, nicht den von Händel - sondern den des englischen Autors Patrick Barlow gesehen: 1988 wurde die weihnächtliche Satire zum ersten Mal hier im Theater aufgeführt. 1992 wieder. Und jetzt, nach siebzehn Jahren, ist er mit den gleichen Hauptdarstellern André Jung  und Michael Wittenborn wieder im Programm. Nur die singende Frau Timm ist nicht mehr dieselbe. Sie wurde ausgetauscht,  frisch und faltenfrei besetzt mit einer bildhübschen, jungen Frau...
Das Stück nimmt vom ersten Satz an Fahrt auf. Ich lache mich kringelig. Nur kurz bin ich irritiert vom halblaut dahingesagten Satz meiner unbekannten Sitznachbarin: "Was isch denn do so wahnsinnig luschtig?"
Dann lasse ich mich wieder mitnehmen von der Aufführung. André Jung und Michael Wittenborn spielen die beiden arbeitslosen Schauspieler Theo und Bernhard, die sich an die Weihnachtsgeschichte wagen und mangels finanziellen Mitteln gleich alle Rollen selbst übernehmen:
Der Erzengel Gabriel, der brummige Zimmermann Josef, die frustrierte, weinerliche Hausfrau Maria, die velofahrende Hebamme, die Weisen aus dem Morgenland, Kamele und sogar Gott höchstpersönlich.
Barlows Stück ist auch nach über 20 Jahren umwerfend gut, voller Esprit, Sprachwitz und Humor, und die kleinen Einwürfe aus dem aktuellen politischen Geschehen sind ein genialer Streich der Regie. Und wie der Autor den Ursprung unserer christlichen Kultur mit den schwer erklärbaren Phänomenen und Wundern beleuchtet, ist zum Schreien komisch, jedoch nie pietätlos.
Ganz am Schluss dann, wenn Händels wuchtiges 'Halleluja' ab Kassette verklungen ist, tobt und klatscht das Publikum (auch meine kritische Nachbarin) und erhebt sich zu einer Standing Ovation und jubelt den drei Schauspielern zu:
Das Stück ist Kult. 
Weihnachts-Kult!
Am 28.Dezember war leider die letzte Vorstellung...

Michael Wittenborn ist Joseph; auf dem Leiterwägeli André Jung als hochschwangere Maria

29 Dezember 2009

Starkstrom - die schönsten Sätze!


Ich habe über die Weihnachtstage Alice Gabathulers neues Buch 'Starkstrom' gelesen.
Anstelle einer Kritik schreibe ich sechs Sätze ab, die ich hemmungslos wie eine Elster klauen würde, so hell und schön glänzen sie:

*Am nächsten Tag ist der Himmel nur noch eine blasse Erinnerung.*
*Hämmerli hüllt die aufgebrachten Dorfbewohner in eine warme Blase ein, redet sie in einen Zustand der Ruhe.*
*Es gibt Weisheiten, die stimmen, und es gibt Weisheiten, die man in der Pfeife rauchen kann.*
*Sie steht auf und nimmt die Wärme mit, die sich für eine kurze Zeit neben Jonas niedergelassen hat.*
*Dieses Gefühl kann einen dazu bringen, eine Tasse mit Elend zu füllen und darin zu baden.*
*Irgendwann müssen sie umkehren, bevor sie verlorengehen wie Hänsel und Gretel.*




PS. Danke, Alice, für dieses Lesevergnügen, für die wunderbaren Stunden und für das Happy End.

PPS. Von mir aus können wir den Tauschhandel - handgestrickte Wollsocken gegen neues Buch - auf ewig beibehalten!


28 Dezember 2009

Zwischen zwei Haltestellen (5)


Zwei Tage vor Weihnachten.
Ich fahre im Tram hinaus in die Agglomeration. Eine Mutter steigt mit ihrem kleinen Jungen ein. Dieser trägt ein  graugrünes, leicht schmutziges Stoffrucksäcklein mit drei applizierten Fliegenpilzen. Auch die Schuhe sehen ziemlich verdreckt aus. Seine Frisur, ein 60er-Jahre Pilzkopf, passt haargenau zum Rucksäcklein. Mutter und Sohn haben ein Viererabteil ganz für sich allein.
Kaum hat der Kleine seine beiden Plätze eingenommen, geht es auch schon los:
Er fegt, rutscht und steigt über die zwei Sitze, legt sich hin, strampelt mit den Beinen, steht wieder auf und klettert an der Stange hoch. Die Mutter tippt engelsgeduldig an einer SMS.
"Ich will nicht ins Puppenspiel!"
"Warum denn nicht?"
"Ich will einfach nicht!"
"....".
"Ich will etwas trinken!"
"Ich habe nichts dabei - du musst warten, bis wir im Goetheanum sind. Vor dem Puppenspiel kannst du etwas trinken."
"Ich will aber während des Puppenspiels trinken!"
Als ich mir Gedanken zu machen beginne, wie und ob der Kleine das Puppenspiel prestiere, nimmt er auch schon Kontakt auf mit einem anderen Buben, der mit seiner Mutter und der kleinen Schwester etwas weiter vorne sitzt. Ich erfahre im folgenden Gespräch zwischen den Erwachsenen, wie die Kinder heissen und wie alt sie sind (mein Bub mit dem Pilzrucksäcklein ist viereinhalb).
Auch der Kindergarten wird kurz abgehandelt.
Dann muss die Mutter mit den zwei Kindern bereits wieder aussteigen. Die Kleine hat sie auf dem Arm. Ihr Bub hingegen wird vom verhaltensoriginellen Fliegenpilzchen am Jackenärmel festgehalten und kommt nicht los. Erst als er herzzerreissend zu schreien beginnt, dreht sich seine Mutter um, befreit ihn, und sie steigen heil aus.
Und was höre ich da die Engelsmama sagen?
"Gäll, jetzt ist es wieder ruhig hier!"
Der Kleine wechselt die Seite, schmiegt sich zärtlich an seine Mutter, knuddelt sie und kneift ihr dann in die Wange.
An der nächsten Station steige ich aus.

24 Dezember 2009

Traditionen


Traditionen können Geborgenheit geben und haben etwas Urgemütliches.
In Schweden zum Beispiel versammelt sich am Nachmittag des 24. Dezembers die ganze Familie - nein, nicht um den Tannenbaum - sondern vor dem Fernseher. Alle schauen gemeinsam eine geschlagene Stunde lang Zeichentrickfilme an mit 'Donald Duck', der verschwedet  'Kalle Anka' heisst. Was dann zurückübersetzt 'Karl Ente' bedeutet. Seine Liebste 'Daisy Duck' wird zur 'Kajsa Anka'. Der geizige 'Onkel Dagobert' schwimmt als adeliger 'Joakim von Anka' in seinen Goldstücken herum, und die dämlichen Panzerknacker planen ihre Einbrüche als 'Björnligan', was kuschelig 'die Bärenliga' bedeutet.
Seit mehr als 25 Jahren ist das so. Jedes Jahr werden haargenau die gleichen Filme gebracht. Nur einmal getrauten sich die Fernsehanstalten, das Programm ein bisschen zu ändern.
Oha! Da machten sie die Rechnung ohne die treuen Schweden:
Proteststürme gingen los und  massenhaft wurden Beschwerdebriefe geschrieben, weil niemand auf 'Tick, Trick und Track' oder auf schwedisch 'Knatte, Fnatte och Tjatte' verzichten wollte.
Und so heisst es auch heute um 15.00 Uhr wieder auf http://svtplay.se/ :
'Kalle Anka med Vänner'!
Anschliessend wird vom Weihnachtsbuffet (julbord)gegessen. Dann bringt der Jultomte (Weihnachtsmann) die Geschenke (julklappar), und am Schluss tanzen und singen Gross und Klein um den Tannenbaum (dans kring granen). Und wenn dann 'Stilla natt, heliga natt" und 'Nu tändas tusen juleljus' ertönen, kehrt nach der fröhlichen Ausgelassenheit Stille und Besinnlichkeit in die Stube ein und etwas von der tieferen Bedeutung der uralten Worte "Und Friede auf Erden. Und den Menschen ein Wohlgefallen" erfüllt den Raum.


PS. Für heute und morgen sage ich: Euch allen ein Weihnachtsfest, so wie ihr es braucht!
Eure Hausfrau Hanna

23 Dezember 2009

'Snow Business'


Ein Föhnsturm hat den Schnee weggeschmolzen, 
und dann hat auch noch Regen eingesetzt. 
Wir feiern Weihnachten somit schneefrei! 
Simon Tofields neuster, frisch und frech gezeichneter Cartoon 
tröstet mich darüber hinweg. 
Ich will jetzt nicht grübeln und zu tief hinunterschürfen. 
Trotzdem frage ich mich, warum ich diese boshafte, verdrehte Katze 
mit den tellergrossen Augen so mag...




22 Dezember 2009

Engel

Engeln gegenüber hege ich ambivalente Gefühle. Und ich begegne Engelsgeschichten und metaphysischen Erlebnissen mit Skepsis und kritischem Verstand. 
Dennoch.
Drei Tage vor Weihnachten wage ich es, von einem 'Engel' zu erzählen:
Sie begegnete mir im Klinikalltag der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie. Ihr Äusseres - das hübsche, sanfte Gesicht, die blonden Haare und auch die weisse Berufskleidung - hätte gut zu einem Engel gepasst. Selbst ihr Name klang engelshaft. Und für mich bekam sie die Bedeutung eines Engels, weil ich ohne ihre Hilfe und Unterstützung den Zugang zur Welt der Verrückten und Weggeschlossenen nicht gefunden hätte. 
Am Anfang erschien mir die Situation wie ein Alptraum.
Der Lärm und das Gewirr der vielen unbekannten Menschen, ihr ununterbrochenes Geschlurfe und Hin- und Hergehen im endlosen Gang, das Angestarrtwerden, der stechende Geruch nach Körperausscheidungen. Ich hätte aufgegeben und wäre weggeblieben, weil ich diese Welt nicht ertrug. Und damit hätte ich die Beziehung zu einem nahestehenden Menschen, der dort die letzten Lebensmonate verbrachte, verloren. 
Zwei Momente sind es, die mir in klarer Erinnerung bleiben werden. 
Ich sehe sie mit einem der Patienten, einem ganz lieben, alten Mann auf dem Sofa sitzen und ihm den Puls fühlen. "Nomoll!", sagte er. Und sie tat es nochmals und nochmals. Freundlich, gelassen und selbstverständlich. 
In der anderen Situation trippelte eine dicke Frau provokativ durch den langen Gang mit heruntergelassener Hose. Eine Pflegerin bat sie, damit aufzuhören. Beleidigungen und schmutzige Schimpfwörter waren die Antwort. Sie kam dazu. Und mit einer wie zufällig erscheinenden Geste und ein paar Worten beruhigte sie die ausfällige Frau, und diese zog die Hose widerspruchslos hoch. 
Mit der Zeit und über die Monate kannte ich alle Menschen auf der Abteilung, und sie wuchsen mir ans Herz. Und manchmal, wenn ich mich nach einem Besuch wieder in der Aussenwelt befand und dort auf den Zug wartete, war ich mir für einen Moment unsicher, ob ich in der Welt der Verrückten oder der Normalen war. 
Als der mir nahestehende Mensch schon einige Zeit gestorben war, hatte ich einmal auf dem Telefonbeantworter eine Nachricht von ihr:
"Hallo Hausfrau Hanna! Soeben habe ich im Radio 'Lili Marleen' gehört und mich dabei an V. erinnert, der das Lied so häufig gesungen hat bei uns. Ich habe an ihn gedacht und mich von Herzen gefreut."
                                                  


21 Dezember 2009

Danken


Manchmal fällt es schwer, 
im dichten Alltagsgeschehen und im beruflichen Eingespanntsein 
einen Moment innezuhalten, durchzuatmen und sich zu besinnen, was alles gut ist.
Und dann dem Leben ein inneres, lautloses Danke zu sagen 
und ein lautes all den Menschen, in deren Anwesenheit 
man tausend Glücksfältchen um die Augen bekommt.


PS. Dieses Musikvideo aus dem schwedischen Film 'Så som i himmelen' ist für dich E.!
PPS. Du weisst schon, warum...

18 Dezember 2009

Da capo!


Eigentlich habe ich panische Angst vor frei herumlaufenden Hunden, 
seit ich als Sechsjährige von einem Hund angefallen worden bin.
Diese beiden Labradors allerdings erzeugen bei mir richtig nette Gefühle, 
und ich könnte ihnen stundenlang beim Streunen zusehen.
Also: Da capo! 

PS. Ich verabschiede mich ins Wochenende und verbleibe bis am Montag
ganz herzlich eure Hausfrau Hanna

17 Dezember 2009

Weiter zu BodeständiX!


Es fieselt weiss vom Himmel herunter.
Und weil Schnee bei mir immer Glücksgefühle hervorruft, 
habe ich  diesen Beitrag geschrieben.
Ihr könnt ihn bei BodeständiX 
(mein Weihnachtsgeschenk für ihn) 
lesen.


PS. Einen schönen Tag wünscht allen umgeleiteten Lesern und Leserinnen
Hausfrau Hanna

16 Dezember 2009

Superpunkte - die Fortsetzung


Eigentlich habe ich nicht damit gerechnet, dass der freundliche Franz Hohler antwortet auf meine Mail.
Aber genau das tat er:

Liebe Hausfrau Hanna,

Oooh, beim Bildschirmputzen im Jahresendspurt sehe ich, dass ich Dein/Ihr Mail nie beantwortet habe!
Das tut mir leid, denn ich freue mich über Zuschriften, Kontakte, Hinweise, Vernetzungen, aber manchmal komme ich mir vor wie ein Glas, das unter einem aufgedrehten Hahn steht, so dass das Wasser dauernd überläuft.
Dann sage ich mir, das ist immer noch viel schöner, als wenn das Glas leer bliebe.
Deshalb auf diesem Wege:
Herzlichen Dank, schöne Feiertage, ein erspriessliches neues Jahr
und e Gruess
vom Franz Hohler

PS.Die Geschichte hat sich exakt so zugetragen, liebe Hausfrau Hanna, ich habe nichts erfunden, und es war interessant zu hören, dass man sie als Spott über die kleinen Superpunktesammler verstehen kann, denn ich glaubte eigentlich, der einzige, der da verspottet werde, sei ich selber..

                                            --------------------------



PS. Franz Hohlers 'Totämügerli', das berndeutsch klingende Geschichtchen 
mit den vielen frei erfundenen Wörtern, ist ein sprachliches Kunstwerk.
PPS. Heute immer noch - genau wie vor vierzig Jahren...

15 Dezember 2009

Superpunkte


Nicht nur Hausfrau Hanna sammelt Superpunkte: Franz Hohler auch!
Vor genau einem Jahr habe ich ihm - im Auftrag einer Freundin - diese Mail geschickt:

Lieber Franz Hohler,

heute Nachmittag habe ich Ihr neues Buch 'Das Ende eines ganz normalen Tages' gekauft.
Und das ist der Grund:
Letzte Woche traf ich mich zum Kaffee mit einer Freundin in der Stadt. Ein Wort gab das andere. Plötzlich sagte die Freundin, dass sie sich gopfergessen über Franz Hohler geärgert habe. Was denn der Grund gewesen sei, fragte ich nach. Ihre Chefin habe an einem Anlass mit dem Betreuungsteam eine Geschichte aus Hohlers neuem Buch vorgelesen, in der er sich lustig mache über die kleinen, Superpunkte sammelnden Leute. Und das sei ihr quer in den Hals geraten.
Ich glättete ihre emotionalen Wallungen etwas mit dem Hinweis, dass ich mich ebenfalls zu den begeisterten Superpunktesammelnden zählte. Zwar erst seit ein paar Monaten und das auch nur, weil ich in einem städtischen Warenhaus die strapazierfähige, waschmaschinenresistente Sockenwolle mit Superpunkten bezahlen könne. Und das lohne sich...

Vorhin habe ich nun Ihre Geschichte gelesen und habe sie doch etwas anders erlebt als die Freundin. Ich habe laut und von Herzen gelacht über Franz Hohler und seine Superpunkteerlebnisse im Super Center, obwohl sich die Geschichte (wahrscheinlich? wahrscheinlich!) nicht ganz so zugetragen hat, oder?

Nun wünsche ich Ihnen eine gute Woche und grüsse Sie herzlich
Hausfrau Hanna




PS. Die Freundin hat genau in dem Moment zu ihrem gesegneten, trockenen Humor zurückgefunden, als ihr die giftgrünen, naturbelassenen Unterhosen aus der Geschichte in den Sinn gekommen sind.

PPS. Sollten Sie einmal in meine Wohnstadt kommen, empfehle ich Ihnen das Warenhaus 'Pfauen' in der Freien Strasse.

PPPS. Dort können sie mit der Supercard bezahlen.

PPPPS. Allerdings nur in den Non Food-Abteilungen, in der Lebensmittelabteilung ist alles wieder anders.



Bis zur Fortsetzung morgen Mittwoch grüsst euch Hausfrau Hanna

14 Dezember 2009

Aufsteller!


Nach dem Ablöscher der letzten Woche ist es heute ein Leseaufsteller!
Barbara Wersba hat ein bezauberndes Buch für Kinder u n d Erwachsene geschrieben, das perfekt in die Vorweihnachtszeit passt:
'Ein Weihnachtsgeschenk für Walter'.
Walter ist eine hochbetagte Ratte. Er wohnt im Hause einer alten, unordentlichen Schriftstellerin, die nichts von seiner Anwesenheit merkt. Beim Lesen habe ich mein Herz an beide Hauptfiguren verloren: An den klugen Walter, der so unglaublich gebildet ist und lesen kann und an die schrullige, menschenscheue Jugendautorin Miss Amanda Pomeroy. Das Buch ist fein und poetisch geschrieben, die Übersetzung von  Barbara Küper geglückt, und die wundervollen, filigranen Federzeichnungen von Donna Diamond machen das Buch zu einem Gesamtkunstwerk, das unbedingt in eine Geschenkverpackung gehört...
Und weil die Geschichte von einer ungewöhnlichen Freundschaft, von Zuneigung und von Büchern handelt, war ich nicht nur während des Lesens glücklich, sondern noch eine ganze Weile danach.

Als kleine Leseprobe hier die Schlusssätze:

"So blieben sie lange sitzen - zwei Freunde auf einer Bank, mitten im Winter. Eine Schriftstellerin und ein Leser, ein Mensch und eine Ratte. Und ungefähr eine Stunde später, als es allmählich kalt wurde, kehrten sie gemeinsam ins Haus zurück."

Mit der Höchstzahl von  ***** Sternen  grüsst alle kleinen und grossen Leseratten
eine begeisterte Hausfrau Hanna

11 Dezember 2009

Luciatag


"I Sverige sjunger man ofta och gärna", sagt der schwedische Teil der Familie, "in Schweden singt man oft und gern".
Das kann ich bestätigen: Schweden sind die reinsten Lerchen.Vielleicht ist die singende Sprache der Hauptgrund. Vielleicht sind auch die langen und dunkeln Winternächte schuld, die wohl ohne Singen endlos und deprimierend schienen.
Während man sich hier bei uns knapp noch an die erste Strophe eines Liedes erinnert und sich bei jeder weiteren Strophe krampfhaft am Textblatt festhält, ertönen aus schwedischen Kehlen die Lieder auswendig, frei und unbefangen.
Übermorgen, am 13.Dezember, feiern die Schweden das Luciafest. In einer Art Prozession schreiten die weissgekleideten Mädchen und jungen Frauen singend in den Festsaal. Sie werden angeführt von der Lucia, die einen Kerzenkranz auf dem Kopf trägt.
Die Stimmung ist so feierlich, dass man einen Kloss der Rührung im Hals hat. Der verschwindet genau dann, wenn die drolligen Kleinen als Jultomte um den Weihnachtsbaum tanzen und vor lauter Eifer das Singen vergessen. Dann holt man sich vom Weihnachtsbuffet einen Glögg. 
Zuerst nippt man nur am heissen Getränk und isst eine Lussekatt, ein Hefegebäck mit Safran, dazu. Die zweite Tasse schlückelt man bereits. Und spätestens nach der dritten Tasse Glühwein ist man leicht berauscht und spürt eine selige, innere Heiterkeit.





PS. Und so wünscht eine glöggliche Hausfrau Hanna allen Lesern und Leserinnen zum 3.Advent:
"Singt und trinkt und hört Musik!"

10 Dezember 2009

Im Stillen

Fernsehen, Presse und Prominenz sind dabei: 
Heute bekommt Barack Obama den Friedensnobelpreis - 
und gleichzeitig steht in der Zeitung, dass er mehr Soldaten nach Afghanistan schickt. 
Das verstehe ich nicht. 
Da wir aus Afghanistan in erster Linie Leidvolles und Schreckliches hören, 
möchte ich an diesem 10. Dezember von einer Frau schreiben, 
die die 'Afghanistan-Hilfe' Schaffhausen leitet: Verena Frauenfelder.
Vor gut zwei Jahren erlebte ich sie an einer sehr gut besuchten Veranstaltung, 
in der sie ihr Projekt vorstellte. 
Die kleine, weisshaarige Frau stand vorne beim Tisch. 
Sie erzählte von ihrer Hilfe direkt vor Ort 
und tat das trotz aller Empathie so ruhig und sachlich, 
dass mich genau deshalb ihre Worte mitten ins Herz trafen und nachwirkten. 
Sie erzählte von Kindern, deren Eltern von den Taliban erschossen wurden
 und vom Leiden einer gequälten Bevölkerung. 
Sie erzählte aber auch von Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, 
von Freundschaft und aktiver Hilfe für den Bau von Wasserprojekten, 
Spitälern, Schulen und Häusern für Waisen und Witwen. 
Auf die Frage aus dem Publikum, 
ob ihre Hilfe nicht nur der berühmte Tropfen auf dem heissen Stein sei, 
antwortete sie bestimmt und ruhig: Ja! 
Aber sie könne nicht anders als Menschen, 
die für sie zu Freunden geworden seien, zu helfen.

09 Dezember 2009

Ablöscher!


Da liess ich mich tatsächlich vom Äusseren verleiten, dieses Taschenbuch zu kaufen:
Auf dem Cover ein niedlicher Rauhaardackel im Schnee, auf der Rückseite das Versprechen, pro Seite mindestens einmal zu lachen, und die Idee, die Geschichte wie einen Adventskalender in 24 Kapitel zu packen, fand ich ebenfalls hübsch.
Also nichts wie los ins vorweihnächtliche Lesevergnügen!
Ich fasse mich kurz: Ich musste nicht lachen. Nie. Kein einziges Mal. Ich ärgerte mich über die schludrige Sprache, die bemüht witzige Art des Formulierens, die plumpen Doppeldeutigkeiten in den Klammern.
Lesebeispiel (S.30) gefällig?

(...) Die fette Sissi war acht Jahre alt und mindestens dreimal dicker als ein Mädchen, von dem man gemeinhin sagen würde, es sei dick. Ihr Gesicht bestand aus fünf übereinandergewölbten Schichten reinen Schweinefetts. Ihre Augen waren im Speck vesunken und sahen nur noch das Notwendigste: Essen. Ihr Mund war ein (vermutlich mit Sonnenblumenöl gefülltes) Schlauchboot. An den Mundrändern klebten Reste gut gelagerter Eierspeisen. Aus dem Inneren roch es ungefähr nach einem Gemisch aus Leberwurst mit Zwiebelsenf und Hering mit Knoblauch. Genau konnte es keiner sagen, niemand wagte sich nah genug an die fette Sissi heran.


PS. Ich quälte mich bis zum Kapitel '6.Dezember' und bis zur Seite 40 durch, weil ich wollte, dass es besser wurde.
PPS. Und weil ich einfach nicht glauben konnte,  dass ein für den Deutschen Buchpreis nominierter Autor so schreibt...

08 Dezember 2009

Adventstricken!


Stricken, die alltägliche Handarbeit der Grossmütter, ist wieder im Trend. Auch bei jungen Frauen. Und irgendwie freut mich das...

Advent, Advent, der Weihnachtsmann kennt
eine alte Frau, die strickt aus Resten
ganz abscheuliche Westen.
Liefert ihm jährlich drei Stück davon,
ganz gratis, nur für Gotteslohn!
Klar, dass er das Zeug nicht ablehnen kann,
wär zu unhöflich vom Weihnachtsmann.
Aber warum kriege ich zu allen Festen
die drei schockabscheulichen Westen?
Will auch mal Diesel oder Replay tragen,
hab's satt, dass mich die Kinder fragen:
"Was hast du denn heut Komisches an?"
Sei nett, gütiger Weihnachtsmann,
hab dir das Zeug lang genug abgenommen,
lass es heuer bitte wem andern zukommen.

Christine Nöstlinger



PS. Da muss ich unbedingt noch etwas richtigstellen:
Diese Wollwesten strickende, alte Frau bin im Fall nicht ich.

PPS. Ich stricke nur Socken...

07 Dezember 2009

Soft Christmas!


Auf der Hülle ist eine vorweihnächtliche Idylle zu sehen:
Der Nikolaus stapft durch eine tiefverschneite Landschaft. In der einen Hand trägt er die Gugge eines Grossdetaillisten, in der anderen führt er ein glöckchenbehangenes Rentier an der Leine.
Am nachtblauen Himmel glänzen die Sterne, und ein hellerleuchtetes Blockhaus steht einsam und versteckt hinter ein paar Tannen.
Auf der Packung mit den zehn Rollen WC-Papier steht *Soft Christmas - mit Weihnachtsduft*.

PS. Meine Grossmutter nannte das damals...

        ... 'Hüslipapier'! ;)




05 Dezember 2009

2. Advent!


Ich wünsche einen schönen 2. Advent - dass auch die zweite Kerze ganz hell brennt!


PS. Mit bemehlten Händen und Teigresten zwischen den Zähnen verbleibt und grüsst bis am Montag
Hausfrau Hanna

04 Dezember 2009

Geburtstagspost


Karten und Briefe zum Geburtstag schreibe ich immer von Hand.
Anfangs November hatte E. Geburtstag. Ich sass an meinem Tisch. Vor mir eine Karte mit einem herbstlichen Motiv. Die Aussicht in den Garten mit den leuchtenden Farben inspirierte mich beim Schreiben. Und die Dichterin ging mit mir durch: Schnell und schwungvoll flossen die drei Adjektive 'golden gelb rot' aufs Papier, ohne Abstand dazwischen.
Ein paar Tage später klingelte diese E-Mail herein:

"Liebe Hausfrau Hanna,
deine schöne Geburtstagskarte hat mich sehr gefreut!
Und gleichzeitig hat sie für einen Lach- und Heiterkeitsanfall gesorgt. Du hast wunderschön die Herbstfarben beschrieben. Und wir beide haben die längste Zeit gerätselt, was das wohl heissen möge: Gold - engel - brot! Da wir Wortspiele heiss lieben, werde ich mir dieses wunderbare Wort merken. Denn, wo gibt es schon Goldengelbrot...!"





03 Dezember 2009

Zwischen zwei Haltestellen (4)

Der Regiozug um halb zwei Uhr nachmittags ist brechend voll.
Der Sitzplatz mir gegenüber wäre eigentlich frei, wenn er nicht belegt wäre mit einer Lederjacke und einer Mappe. Deren Besitzer hat die Augen geschlossen. Feierabend.
Kurz vor Abfahrt kommt ein ca. 16-jähriger, schwarzgekleideter Junge durch den Gang und bleibt bei unserem Abteil stehen. Der Hosenspickel hängt ihm fast bis zu den Knien hinunter. Unter der geöffneten schwarzen Jacke trägt er ein T-Shirt mit einem grinsenden Totenkopf. Die Baseballmütze sitzt schräg auf dem Kopf, darunter hat er ein Augenbrauenpiercing. Vier von fünf Fingern sind geschmückt mit Ringen.
Und dann geschieht etwas, womit ich nicht gerechnet habe.
"Ist hier noch frei?", fragt der Junge leise und höflich. Der dösende Mann bewegt sich, nimmt Jacke und Mappe zu sich auf den Schoss, und der Junge setzt sich auf den freigewordenen Platz.
"Danke!", sagt er.

02 Dezember 2009

Klappe halten - die Auflösung

Die Geistlichkeit durfte früher in speziellen Stühlen Platz nehmen in der Kirche:
Im Chorgestühl.
Der nach unten geklappte Sitz wurde von den Müden und Ermatteten zusätzlich auch schon einmal genutzt für ein Nickerchen und eine Ruhepause. Da konnte es vorkommen, dass beim abrupten Aufstehen der Sitz mit einem ohrenbetäubenden Knall hochschnellte und alle erschreckte. Also bedeutete 'Klappe halten' nichts Anderes als:
Die Sitzklappe mit der Hand halten, damit kein Kracher die sakrale Ruhe störte.
Die gewöhnlichen Leute allerdings mussten stehen oder knien, was das Einnicken doch erheblich erschwert hatte...


PS. Hier spielt Christina Pluhar in einem besonders schönen Chorgestühl eine Toccata. Klappe hinunter. Platz nehmen. Zuhören. Oder die Saiten des Instruments zählen...







01 Dezember 2009

Klappe halten!


Zufällig geriet ich in eine Touristengruppe, die an einer Führung im Münster teilnahm.
Ich lauschte am Rande mit, weil die Kunsthistorikerin ihre Führung sehr lebhaft, spannend und didaktisch perfekt gestaltete.  Immer wieder bezog sie auch die Gruppe mit ein, so stellte sie beispielsweise diese Frage:
"Wissen Sie, woher der Ausdruck 'Halt die Klappe!' kommt?"



PS. Ich hatte keine Zeit zum Überlegen. Aus der Gruppe kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.  Sie erheiterte und überzeugte mich.
PPS. Für heute halte ich die Klappe. Was mir zwar schwer fällt, aber bestimmt nicht schadet.
PPPS. Also dann: Bis Morgen!

30 November 2009

Abstimmungssonntag


Kleine Hände waren gestern am Werk. Sie stachen sorgfältig den von grossen Händen ausgewallten Teig aus. Das Gesichtlein ganz konzentriert. Der Zeigefinger zielte präzis ins Förmchen, und der sechszackige Teigstern glitt vollkommen und perfekt aufs Blech. Dann die Warterei vor dem Backofen und die Vorfreude auf die gebackenen Gutzi. Die grossen Hände übernahmen den Glasuranstrich, damit die kleinen Hände frei waren zum Dekorieren: Bunter Hagel, goldene und silberne Perlen und Sterne rieselten herunter und machten aus den langweiligen Gutzi weihnächtliche Kunstwerke. Dann tönte es fröhlich aus dem Kindermund:
                                  
                                       "Dört änen am Bärgli, dört schtoht ä wissi Geiss -
                                       i ha sä welle mälche, do haut sie mir äis."

Es ist Advent!




28 November 2009

Happy Birthday, Frau Zappadong!


Liebe Frau Zappadong,
dann gratuliere ich mal ganz herzlich zu Ihrem heutigen Geburtstag, wünsche Ihnen alles erdenklich Liebe und Gute zu Ihrem besonderen Tag.
Zu einem Geburtstag gehört auch das passende Lied. Zuerst habe ich Ihnen ja dieses hier 
aufgeschaltet ;)

Dann fand ich es doch nicht ganz passend:
Geburtstagsmusik soll ja keine krachende Höllenfahrt sein, sondern ein glockenheller, lüpfiger Klangteppich, auf dem Sie sich schaukeln lassen können. 
Und so lassen die sechs munteren schwedischen Burschen (Benny von ABBA ist übrigens auch mit dabei :)) die Geburtstagsglocken nur für Sie erklingen: 


PS.
Und jetzt noch der Geburtstagskuss,
ein dreifach Prost auf Sie - und Schluss!

Ihre Hausfrau Hanna


27 November 2009

Die Frau mit den fünf Elefanten


Seit zwei Wochen läuft im Kino ein Film mit und über Svetlana Geier, die als Übersetzerin der fünf grossen Werke Dostojewskijs bekannt und berühmt worden ist:  'Die Frau mit den fünf Elefanten'.

Gestern Abend  nun schaute ich ihn mit R., die beruflich mit Übersetzungen zu tun hat, im Kino an. Wir gingen glücklich nach Hause. An diesem Film stimmte alles!

Es ist ein dichter, langsamer und ruhiger Film. Die Kamera begleitet Svetlana Geier bei der Haus- und Textarbeit und beim bedächtigen, achtsamen Teetrinken aus einer blaugemusterten Tasse. Dabei lässt sie uns teilhaben an ihren Gedanken zu Sprache, Übersetzungsarbeit und ihrer Kindheit in der Ukraine. Immer wieder geht die Kamera ganz nah an ihr Gesicht und verweilt. Und Svetlana Geier lässt es zu. Die Ruhe und Abgeklärtheit, die Wachheit und der Charme ihrer Persönlichkeit ziehen einen in den Bann, und man wird selbst ganz ruhig und innerlich.

Für mich die bewegendsten Szenen sind jene beiden, in denen der Tod im Zentrum steht. Zusammen mit ihrer Enkelin reist sie nach über 60 Jahren nach Kiew, den Ort ihrer Kindheit. Als sie mit der Enkelin im hohen Schnee vor dem Grab ihres Vaters steht, der an den in der Haft erlittenen Folterungen unter dem Stalinregime gestorben ist, wirkt sie zerbrechlich und zart. Aber auch getragen von einem tiefen Glauben, während sie ein russisches Gebet spricht.
In der anderen Szene ist sie in ihrem Zuhause. Sie erzählt von ihrem erwachsenen Sohn Johannes. Er ist vor Kurzem gestorben, eineinhalb Jahre nach einem schweren Arbeitsunfall. Ein Kind bette man in die Wiege, und genauso habe ihr Sohn im Sarg gelegen. Sie sagt es gefasst und mit grosser Würde. Und streicht dabei behutsam und zärtlich über ein Holztier, das ihr Sohn geschnitzt hat.
"Für Pausen bin ich zu alt", sagt sie zu Beginn des Films, und als der Filmemacher  nachhakt, was sie damit meine, ergänzt sie: "Ich schulde dem Leben etwas". Bescheidenheit und Demut zeichnen wahrscheinlich jene Menschen aus, die sich einem grösseren Ganzen unterordnen können, ohne sich dabei klein zu machen und zu verbiegen. Svetlana Geier gehört zu ihnen.

26 November 2009

Solidarität!


"Warum lassen Sie sich impfen?"
Diese Frage wurde verschiedenen Leuten gestellt, 
die sich gegen die H1N1-Grippe impfen liessen. 
Einige der Antworten wurden in der Tageszeitung veröffentlicht.
So auch diese von R.Z. (56), die mir besonders imponierte:
"Regierungsrat Peter Zwick ist mein Ehegatte. 
Mit der Impfung möchte ich verhindern, dass er krank wird."


PS. Eine rücksichtsvolle, empathische Ehegattin,
findet Hausfrau Hanna



25 November 2009

Paradies und Hölle!


Himmel oder Hölle?
Wenn es musikalisch so leidenschaftlich und ungezügelt zugeht, ist mir der Ort gleich!


24 November 2009

Zwischen zwei Haltestellen (3)


Wir reisen mit der Bahn in den Süden. Wir steigen ins Ruheabteil ein, der Ort im Zug, wo Ruhebedürftige normalerweise ungestört lesen, schreiben oder schlafen können:



Der Ruhewagen ist gut besetzt. Zuhinterst hat eine junge Frau zwei Viererabteile belegt. Eines braucht sie für sich selbst und ihr zahlreiches Handgepäck. Das andere für ihren riesigen Koffer. Wir bitten sie, diesen wegzunehmen, damit wir uns hinsetzen können. No, no, das gehe nicht, da sie nirgends sonst einen Platz finde, erklärt sie uns auf Italienisch.
"Dann nehmen Sie ihn zu sich ins Abteil!", meint Hausmann Hanna kurz und knapp. Das befolgt die Signora auch sofort, und weil der Koffer den ganzen Raum zwischen den Sitzen ausfüllt, muss sie ihre langen Beine etwas unkomfortabel quer darüber legen.
Wir haben uns eben im freigewordenen Abteil eingerichtet und Buch und Zeitung liegen bereit, als ein Natel schrillt.
 "Pronto! Mammmmma!!!" Und dann geht es in schnellem Italienisch weiter. Genervt aber auch leicht geniert stehe ich auf und gehe zur Signora ins Nachbarabteil. Ich zeige auf das Piktogramm und schlage ihr vor, sie solle doch draussen im Gang ihr Telefongespräch fortsetzen. Sie schaut mich verwundert an, hört jedoch sofort auf zu sprechen. Sie versorgt das Natel in der Tasche, holt dafür einen aufblasbaren Halskragen hervor und bettet ihren Kopf hinein. Dann steckt sie sich die Stöpsel des iPods in die Ohren, drapiert einen Pashimaschal um sich und döst ein.
In Bellinzona müssen wir umsteigen. Und machen das so leise, dass die Signora ungestört weiterschlummern kann...

PS. Leider sind solche Geschichten bald Vergangenheit, da die Ruheabteile von der SBB ab Mitte Dezember aufgehoben werden.
PPS. Zumindest in der billigeren 2.Klasse...


23 November 2009

Neun Wörter



Hilde Domins Gedichte bedeuten mir viel;
ich lese sie immer wieder. 
Und eines, das mir in einer bedrückenden Lebenssituation geholfen hat, 
habe ich mir zu eigen gemacht.
Das folgende Gedicht 'Es knospt' hat nur neun Wörter. 
Die reichen, und es ist Herbst. 
Und dahinter ahnt man den Frühling...


'Es knospt unter den Blättern
das nennen sie Herbst.'

Hilde Domin, 1909 - 2006


                                       
                                           


PS. Hilde Domin wusste um die Bedeutung des Wortes, reihte sie nicht absichtslos aneinander.
PPS. Eines jedoch irritiert mich...

20 November 2009

Novemberstimmung!

Und das soll November sein?
Ein klarblauer Himmel wölbt sich über der Stadt. Die Sonne strahlt und wärmt, als hätte sie sich im Monat verzählt. Anstatt im Innenraum des Cafés trinken wir den Cappuccino im Garten. Ein zuvorkommender Kellner rückt einen bereits versorgten Tisch an die Sonne und zwei Stühle dazu. Wir unterhalten uns angeregt, bis uns ein markerschütternder, Tote aufweckender Lärm unterbricht:
Ein Laubbläser terrorisiert das Quartier!
Wir zwei Frauen kommen ins Philosophieren.
"Anscheinend nehmen Frauen gern und oft den Staubsauger zur Hand", meint die Freundin, "um einen Mangel zu kompensieren. So sagen es zumindest manche Männer. Was jedoch kompensieren Männer, wenn sie über Stunden mit dem Laubblasrohr hantieren?"


Hausfrau Hanna dankt U. für den belebenden Austausch im Stadtcafé und wünscht allen ein schönes, geräuschfreies Wochenende!

19 November 2009

Verpasst!

Anna Ternheim  gab im September hier ein Konzert. 
Ich habe es leider verpasst.
Jetzt muss mir das Video reichen. 
Eine klare, ruhige Stimme. 
Die Klavierbegleitung in einem straffen Grundrhythmus, 
über den sich eine perlende Melodie emporhebt:


PS. Bara vara. Bara lyssna.  Magisk. Och mycket mycket vackert :)
PPS. Nur sein. Nur hören. Magisch. Und sehr sehr schön :)

18 November 2009

Zwischen zwei Haltestellen (2)


Ich sitze im Tram mit dem Rücken zur Fahrtrichtung. Hinter mir sitzt eine gepflegte, attraktive Dame. Ein Herr steigt zu, bleibt bei der Dame stehen. Offensichtlich kennen sich die beiden. Und so beginnt folgender Austausch:

Herr: "Sali! I bi erscht sit Kurzem wieder do und noni ganz agho. I schpazier in Gedangge immer no übere Times Square."


 "..."


Herr: "Näi. Erscht sit zwäi Wuche bini do. I ha scho wieder wahnsinnig viel Arbet, bi voll im Schtress."


"..."


Herr: "Jetz gangi zum Jean Ziegler. Är hett e nöis Buech veröffentliggt: 'Der Hass auf den Westen'."


"..."


Das Tram fährt auf dem Bahnhofsplatz ein.



Herr: "I muess leider, gäll! Sali."


"..."



PS. Was die Dame gesagt hat, habe ich nicht verstanden, obwohl ich konzentriert zugehört habe. Sie sprach zu leise...


17 November 2009

Nachbarn


Im Haus, 
das an unseres angebaut ist, rumpelt der Lift hoch.
Eine Türe knallt zu.
Dann höre ich eine laute, weibliche Stimme.
Es ist die Mutter, die ihr Kind anschreit.
Ich verstehe: "Horror, mach jetzt kein Theater!"
Aber das Kind heisst Aurore.
Morgenröte...


16 November 2009

Anlageberatung


"Hausfrau Hanna", schlägt mir Herr Hugo, der nette Angestellte der Kleinbank, vor, "Sie sollten Ihren Sparbatzen besser und sicherer anlegen. In Gold zum Beispiel."

"Oh nein, Herr Hugo", sage ich, "Gold lege ich nur an einem Ort an. An meinen Ohren."






13 November 2009

Zwischen zwei Haltestellen (1)


Natürlich hatte ich auch einmal ein Auto. Einen orangen Renault 4.
Als ich in die Stadt zog, verkaufte ich das Wägelchen an einen Hundebesitzer, der seinen schönen Wagen schonen wollte.

Seither lebe ich autofrei und bin in der Stadt häufig zu Fuss unterwegs oder benütze den ÖV.
Und wo, wenn nicht im Tram, Zug oder Bus hat man die Gelegenheit, solchen Gesprächen zu lauschen. 
Zwei Burschen, ca. 17/18-jährig, steigen in den Bus ein. Sie setzen sich auf die beiden freien Sitze mir gegenüber.
A. nimmt einen Schluck Coca aus seiner PET-Flasche. Seine Stimme klingt erschöpft:
"Gopfer..... (wüster Fluch), muesch s'Läbä jetz gniesse, dass wenn'd alt bisch, chasch zrugglähne."
B.: "Jo, nit immer nur lerne und schaffe, schaffe, schaffe!"


PS. Ich lasse die Worte wirken.
PPS. Dann setze ich mich kerzengerade hin…




12 November 2009

Blogliste (2)

Heute geht es weiter mit der Blogliste!

J wie Jacoblök:
Von Schafen wird gesagt, sie seien dumm. Das trifft nun überhaupt nicht zu auf den Jacoblök: Blitzgescheit ist er. Und genauso schreibt er. Er verknüpft Erlebnisse von früher mit aktuellen und greift dazu in ein Archiv, das er schon als kleines Blökerli begonnen hat anzulegen. Zwischendurch blökt er auch Deutsch und deutlich in die Bloggerwelt hinaus. Und als ehemalige Raucherin warte ich sehnsüchtig auf eine Fortsetzung dieses Themas.



T wie Theomix:
Ich kenne Leute, die sich schwer tun mit Pfarrern. Sie sollten unbedingt bei theomix hineinschauen. Er schreibt mit soviel Humor, Hirn, Herz und Hand, dass ich täglich bei ihm zu Gast bin.


Last but not least!
Z wie Zappadong:
Frau Zappadong ist auch Autorin. Sie kann also schreiben. Und wie! Wenn sie Geschichten schreibt, in denen alles möglich ist und die Grenzen zur Realität verschwimmen, dann bleibt mir der Mund offen. Sie lässt sich in kein Schema pressen, und sie hat etwas zu sagen. Auch zu politischen Themen.

11 November 2009

Blogliste (1)


Fünf Blogs, die ich seit längerer Zeit kenne, lese und schätze, habe ich in meine Blogliste aufgenommen und bobsmiles blog ist als sechstes spontan dazugekommen.
Ich beginne mit


A wie Augenreiberei:
Titus schreibt nicht nur ausgezeichnete Berichte. Er kommentiert auch häufig in andern Blogs, was keine Selbstverständlichkeit ist. Er macht das in einer Art und Weise, die mich beeindruckt: Aufmerksam, bezogen, manchmal auch nachhakend und nachfragend. Und wenn ich dann noch so köstliche Musikvideos finde, die er mit seinem feinen Humor begleitet, dann ist mein musikbegeistertes Herz hin und weg!


B wie bobsmile's blog
Sein Blog kenne ich (noch) nicht gut. Er hat mich jedoch freudig überrascht, weil er Salz und Brot in mein neues Blogstübchen mitgebracht hat. Und wer einen so schönen Brauch pflegt, hat mich für sich eingenommen. Ab sofort bin ich regelmässige Leserin!


B wie BodeständiX:
Er ist und schreibt bodenständig  u n d  weltoffen. Hin und wieder schwebt sein Kopf auch über den Wolken, dann liest er ein Hesse- oder Rilkegedicht. Seine Berichte über Volkskultur gefallen mir nicht nur sehr gut, die (Volkskultur) hat er mir auch näher gebracht. Und bereits als kleiner Primarschüler kam bei ihm der Archetyp des 'Hofnarren' zum Vorschein...

10 November 2009

Vor 250 Jahren!


Goethe hat sich mir nie erschlossen. Ich weiss auch genau, warum:
Der Grund war unsere Deutschlehrerin. Sie lebte eine platonische Liebe mit Goethe.
Und weil er ihr heilig war, war sie beseelt davon, ihn uns nahe zu bringen.
Das versuchte sie über Wochen,  die mir ewig vorkamen. Ich wurde nicht durchlässig für seine mystischen, naturhaften, tiefseelischen Gedichte.
Das Gegenteil war der Fall.
Ich zog mich zurück, und mein pragmatisches Ego machte dicht und verschloss sich. Endgültig verkachelte es die Deutschlehrerin mit einer LP, auf der 'Gretchen am Spinnrad' aus dem Urfaust zu hören war. Käthe Gold sprach das Gretchen. Nun, ich erinnere mich nicht an jedes Detail. Es ist zu lange her.
Aber an die peinlichen Gefühle schon, die in mir entstanden: "Mein Busen drängt sich nach ihm hin" - wohin nur sollte ich bei solchen Worten schauen? Auf die Lehrerin? Die sass da am Pult, vor uns, mit Tränen in den Augen. Und ich versank innerlich in meiner Scham.
Ganz anders Schiller.
Schiller mochte ich. 'Wilhelm Tell' und die 'Räuber' frass ich. Satz für Satz. Freiheitsliebe, Ungestümheit, Rebellion und analytisches Denken entsprachen mir. Für Schiller brannte ich. Und so lernte ich 'Die Kraniche des Ibikus' Satz für Satz auswendig und schindete damit  eine gute Deutschnote heraus.
Übrigens: Schiller wurde genau heute vor 250 Jahren geboren.

Ich wünsche allen eine lesefreudige Woche!
Hausfrau Hanna

09 November 2009

Zum Wochenbeginn



Immer wurde einem geraten: "Beweglich bleiben!" -
und jetzt plötzlich soll man eine Immobilie kaufen...

Hausfrau Hanna



08 November 2009

Der Pianomann


Ein Abend im Frühherbst am Lago Maggiore.
Ein Strassenkünstler rollt sein altes Klavier herbei, platziert es auf dem Trottoir unter die Bäume und beginnt zu spielen.
Vereinzelt bleiben Leute stehen und hören.
Wir haben soeben fertig gegessen in der Trattoria am Hafen. Polenta und Brasato. Nun gesellen wir uns zur Gruppe der Zuhörenden, die sich um den Strassenkünstler schart. Es werden immer mehr. Paare, Kinder, eine Gruppe Menschen mit Downsyndrom, ein weisser und ein schwarzer Schnauzer, junge Frauen auf Klassenfahrt.

Die Pianistenfinger fliegen über die Tasten. Der Mann versteht es aus dem effeff, uns für sich einzunehmen. Während des Applauses strahlt er in die Runde, bedankt sich mit einem freundlichen Kopfnicken und moduliert gleichzeitig weiter zum nächsten Stück, Interaktion zwischen Künstler und Publikum vom Besten. Sein Programm ist bunt und vielfältig wie die Zuhörenden. In jungen Jahren hätte ich die Nase gerümpft.Jetzt werde ich Teil einer begeistert mitgehenden Menschengruppe.

Die Leute werden mutig. Sie treten zum Mann am Piano und bringen ihre Wünsche an. Ein paar suchende Akkorde. Und schon ertönt Griechischer Wein, Udos melancholische Hymne, die in den Siebzigern den Retsina-Export in die Höhe schnellen liess.
Dr Schacherseppli, das Lied vom einfachen, spirituellen Bürschlein als Rockn'roll. Etwas ungewohnt zwar, aber die Füsse und Beine können nicht anders und kicken und bewegen sich zum schnellen Rhythmus.
Sein Gespür für die Reihenfolge der Musikstücke hat etwas von einem Dramaturgen. Zum Erholen ein langsamer Dreivierteltakt: Zwei junge Frauen beginnen zumTennesseewaltz geschlossen zu tanzen. Bei Reinhard Meys eingängigem Über den Wolken zieht ein Zuhörer ein winziges Maulörgeli aus dem Hosensack und spielt mit. Charmant ist das, und der Applaus gilt auch ihm, der sich exponiert hat. Something stupid, der Sechzigerjahresong mit Frank und Nancy Sinatra, den ich sehr gemocht habe damals. Ich hänge mich bei meinem Mann ein und summe und singe leise mit:
"M-m-m-m-m-m-m-m  by saying something stupid like 'I love you'."

Die Leute bilden einen Gürtel aus guter Laune, Fröhlichkeit und prächtiger Stimmung um den Mann am Piano. Und das macht grosszügig. Das Geld sitzt locker, und der bereitgestellte Hut füllt sich. Auf die Frage eines Zuhörers, was ihn motiviere, Strassenmusik zu machen, meint der Pianist:
"I gang uff d'Schtrass, zum Fröid mache!"



PS. Sagt es und spielt weiter...

06 November 2009

Rolltreppe oder pianotrappan!


In Schweden hat man einfach gute Ideen!
Bei einer solchen klingenden Treppe würde ich nie, 
nie, nie mehr die Rolltreppe daneben benützen... ;)


PS. Schade, dass es nur eine Werbung ist!




Endlich - eigener Blog!


 "Hausfrau Hanna", sage ich zu mir, 
"nicht zuviel denken und planen. Setz dich einfach hin! 
Und fang an!"