Als Zehnjährige mussten wir in der Schule ein Frühlingsgedicht lernen von einem Dichter, der
Alfred Huggenberger hiess.
Wahrscheinlich hätte ich ihn längst schon vergessen, wären da nicht zwei Zeilen des Gedichts zäh in meinem Gedächtnis haften geblieben.
Jedes Mal nämlich, wenn ich mich über Mutter und deren Forderungen ärgerte, sagte ich die beiden Zeilen provozierend, wenn auch halblaut, vor mich hin.
Dann ärgerte
s i e sich.
Und ich machte mich schnell auf und davon und verkroch mich im Zimmer.
So wenig brauchte es damals...
PS. Hier nun das Gedicht - die beiden Provozeilen sind rot und fett hervorgehoben:
Drei Zwerglein
läuten den Frühling ein,
mit weissen und
gelben Glöcklein fein;
drei Elfen
tanzen im Sonnenlicht,
lauschen, was
der Märzwind spricht.
Kommt der
Käfermann vor sein Haus,
putzt sich die
Brillengläser aus:
"Was fangt ihr
für nen Spektakel an,
dass unsereiner
nimmer schlafen kann?
Ei - da guckt ja
ein Veilchen herfür.....!"
Schleunig kehrt
er sich gegen die Tür:
"Alte, hab ichs
nicht immer gesagt?
Hurtig die Läden
auf, es tagt!"
Wwwwupp, schon
schlüpft die durchs enge Loch,
hinter ihr her
drei Nachbarn noch;
tollen und
überkugeln sich satt,
bis einer ein
Beinchen zu wenig hat.
Frau Ameise
fängt neben an
just ihren Bau
zu flicken an:
"Dies windige
Pack; man ärgert sich schwer;
weiss nicht,
dass Kisten und Kammern leer;
faulenzt schon
am ersten lieben Tag;
mich wunderts,
wie das noch kommen mag!"
Hoch im
Apfelbaum singt der Fink:
der Kurier ist
schon abgesandt;
er holt mir ein
Weibchen aus Mohrenland!"
Professor Rabe -
weiss nicht warum -
denkt heut auch
nicht ans Studium:
"Wissen soll nun
mal jedermann,
dass unsereiner
auch singen kann:
Gloobuu,
krahaaa; war das aber fein;
übers Jahr werd
ich bei der Oper sein!"
Der Wind, er
sitzt am Schattenrain;
stopft ein
Stummelpfeifchen sich ein;
tut erst, als
ging ihn alles nichts an;
aber schon fängt
er zu laufen an;
hopphopphopp,
über Stock und Stein;
ein
Schmetterling gaukelt hinter ihm drein!"
Alfred Huggenberger 1867 - 1960