Diese Woche herrschte eine Eiseskälte.
Tagsüber waren es zwei, drei Grad unter dem Gefrierpunkt -
nachts sogar bis zu zehn.
Ging dazu die Bise, fühlte es sich noch kälter an.
Und das trotz lammfellgefütterter Stiefel
und eines mehrfach um den Hals geschlungenen Wollschals.
Beim Einsteigen ins Tram beschlug sich die Brille,
und die Aussenwelt erschien plötzlich neblig und diffus.
Selbst gepflegte Frauen hörte ich geräuschvoll schniefen -
einer hätte ich um ein Haar ein Papiertaschentuch angeboten.
Heute vor 100 Jahren wurde in Basel Rainer Brambach geboren,
der Lyriker, der für mich zu den besten gehört.
(eines seiner Gedichte habe ich im PS. angefügt).
In seiner Biografie 'Ich wiege 80 Kilo, und das Leben ist mächtig'
lese ich, dass es damals ebenfalls bissig kalt war.
Die Temperaturen blieben bis weit in den Februar hinein konstant unter null.
Und die Sonne zeigte sich kaum...
Hier und heute jedoch ist es hell - die Sonne drückt durch :)
PS.
Minus zehn Grad
und immer noch mal kräftig
ins Nastuch geschneuzt
die Triefaugen gewischt
und gehupft und gesprungen
dass die Eispfütze kracht
ein zartes Spinett dauernd
im Ohr tönt -
Rainer Brambach, 22.Januar 1917 - 14.August 1983
aus Gesammelte Gedichte, Diogenes Verlag Zürich