Letzte Woche in Sils Maria im Oberengadin.
Staunend stehe ich vor einem Hotel und betrachte ein Sgraffito:
Ich gehe näher und lese diesen Namen:
Der Name startet einen Film in meinem Hirn. Mit Bildern von dichtem Schneegestöber, Nebel und vorbeihuschenden Skifahrern...
Es war an den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble, den ersten, die ich bewusst und als Fan miterlebte.
Und das seinetwegen:
Dumeng Giovanoli.
Wir hatten damals noch keinen Fernsehapparat. Aber Tante Martheli besass einen, nicht irgend einen, sondern den ersten Farbfernseher im Dorf!
Ich durfte an diesem Samstag das olympische Slalomrennen bei ihr in der Stube schauen.
Damals war der Dominator des alpinen Skisports ein Franzose:
Jean-Claude Killy.
Und den mochten wir nicht. Weil er im Vorfeld der Spiele arrogant verkündete hatte, er werde alle drei Goldmedaillen gewinnen. Abfahrt. Riesenslalom. Und Slalom.
Wir fünfzehnjährigen Teenager standen geschlossen hinter dem stillen, bescheidenen Schweizer aus Sils Maria, der vor den Spielen einige wichtige Rennen gewonnen hatte und zu einem brandgefährlichen Favoriten geworden war.
Es kam, wie es kam.
Killy gewann die Abfahrt.
Dann den Riesenslalom.
Aber noch blieb der Slalom. Wir gaben unserer Hoffnung reimend Ausdruck und skandierten enthusiastisch im Chor:
"Killy rinnt - Giovanoli gewinnt!"
Ich mache es kurz.
Den Slalom im undurchsichtigen Nebelgeschehen gewann Karl Schranz aus Oesterreich.
Den Zweiten habe ich vergessen.
Dritter wurde Jean Claude Killy, immerhin hatte er nicht gewonnen. Und erst auf dem 6.Platz war unser Dumeng.
Ich war so enttäuscht, dass ich das Rennen nicht fertig schaute und nach Hause ging.
Deshalb vernahm ich erst viel später, dass Karl Schranz wegen eines Torfehlers disqualifiziert worden war. Wie übrigens auch der Zweitplatzierte.
Killy hatte es geschafft! Und seine dritte Goldmedaille gewonnen.
Am Montag gab es in der Schule nur e i n Thema und das war Killys unverdienter dritter Sieg: "Das war doch Schiebung!"
Das Ende dieser dramatischen Skigeschichte war ein undankbarer 4.Platz für Dumeng Giovanoli.
Und ein Brief, den ich ihm schrieb und in dem ich ihm meine Empörung mitteilte.
Als Gegenleistung bekam ich ein Autogramm mit Unterschrift von ihm...
PS. Dies meine Gedanken vor Dumeng Giovanolis Hotel in Sils Maria. Ihn selbst habe ich (leider!) nicht gesehen.
PPS. Ich hätte ihn sonst um ein Selfie mit uns zwei gebeten... ;)
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