Gestern.
Ich steige auf dem Bahnhofsplatz ins Tram ein und setze mich ganz vorne hin. Die Einkaufstasche stelle ich auf die freie Stelle vor meine Füsse.
Eine gross gewachsene, schlanke Frau, etwas über vierzig, will sich offensichtlich auch keinen langen Weg durchs Tram zumuten und sich weiter hinten einen freien Sitzplatz suchen.
Ohne ein Wort zu sagen, zwängt sie sich auf den Sitz mir gegenüber und drapiert ihre endlos langen Beine schräg hin.
Um der Frau mehr Platz einzuräumen, nehme ich, ebenfalls wortlos, meine schwere Tasche vom Boden hoch und platziere sie auf meinen Beinen.
Die Frau mit dem blonden Haarknoten schenkt mir keine Beachtung, sie hat bereits ihr Smartphone hervorgeholt und ist aktiv.
Nach zwei Haltestellen erhebe ich mich.
Die Frau rührt sich nicht, sie scheint mich nicht zu sehen. Ihre langen Beine bleiben in der genau gleichen und so elegant wirkenden Seitposition ausgestreckt.
Ich muss ihnen deshalb etwas ausweichen und stolpere.
Die Frau merkt nichts und sagt nichts.
Es gibt Situationen, in denen es schwierig ist, die Balance zu halten.
Und die Fassung zu bewahren...