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04.11.2010

Die zweite Spielhälfte...

Hin und wieder besuche ich die städtische Bibliothek und leihe mir Bücher aus, für die ich kein Geld ausgeben möchte. Ratgeber- und Lebenshilfebücher zum Beispiel.

Auf dem Cover des blaugelb gestalteten Buches "Mutig in die zweite Halbzeit!" lachen mich drei aufgestellte Frauen und ein Mann an. Alle haben die 50 (60?) überschritten. Sie sehen blendend aus, die Zähne sind strahlendweiss, die Haare hingegen ohne den leisesten Hauch eines Weisstons.
Energie, Lebensfreude, Erfolg ab 50 - ich fühle mich angesprochen und nehme das Buch mit.

Es wird eine kursorische Lektüre.

Die beiden Autorinnen schreiben in einem einfachen, flüssigsüffigen Stil garniert mit vielen, vielen, vielen Ausrufezeichen. Die Imperative sollen mir als Leserin wohl die Wichtigkeit mancher Sätze verdeutlichen: "Das Beste kommt noch!"  "Werden Sie Lebenskünstler!"  ""Machen Sie Lächel-Yoga!" "Gestalten Sie Ihr Glück!"

Schon will ich das Buch weglegen, es ist mir zu wenig intelligent, da werde ich aufmerksam:
Eine unbekannte Leserin (oder ein Leser) hat sich im Buch verewigt und aus Ärger und Frustration über das Gelesene jeglichen Anstand über Bord geworfen und feinsäuberlich mit Kugelschreiber Kommentare an den Rand geschrieben.
Nun unterhalte ich mich plötzlich beim Lesen, weil die Kommentare so schräg, treffend und griffig sind.
Auf Seite 67 zum Beispiel schreiben die beiden Autorinnen Gabriele Stöger und Mona Vogl:
"Aber singen können Sie noch bis an den Tag Ihres grossen Finales! Ist Musik also gut für die Gesundheit? Doch Vorsicht: Viele Menschen hören zwar gerne Klassik und besuchen Konzerte. Dabei kann man schön entspannen und geniessen. Aber echte Lebensfreude schafft solch ein passiver Konsum nur selten. Aktiv singen ist viel besser.""Viele Menschen hören zwar gerne Klassik und besuchen Konzerte. Dabei kann man auch schön eund geniessen. Aber echte Lebensfreude schafft solch ein passiver Konsum nur selten. A
Und schon kommt der Einwand der Unbekannten: "Da wäre ich mir nicht so sicher."

Oder folgende platte Aussage der Autorinnen: "Beim Essen muss man nicht wirklich noch Radio hören und/oder Zeitung lesen. Beim Autofahren muss man nicht (immer) telefonieren", wird vervollständigt mit dem umweltfreundlichen Ausspruch: "Auch nicht beim Tramfahren!"




PS. Heute bringe ich übrigens das Buch zurück, um einer anderen Person dieses Leseerlebnis zu ermöglichen: "Wir bereiten Sie gemeinsam auf die zweite Spielhälfte vor. Damit es das Spiel ihres Lebens wird. Damit mächtig was abgeht in der zweiten Hälfte."


2 Kommentare:

  1. Ich lese im Moment Bücher, die meine Mutter nicht in ihre neue Wohnung mitnehmen wollte, es sind Unmengen. In denen finde ich zwar keine Kommentare bis jetzt, aber mal ein Zettel, mal ein Zeitungsausschnitt, sogar einen Brief fiel aus einem Buch heraus. Das ist dann immer noch eine zusätzliche Geschichte. :-)

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  2. Hausfrau Hanna05.11.2010, 08:19:00

    Guten Morgen Anhora,
    solche Bücher sind wie Wundertüten, aus denen einem kleine Überraschungen wie funkelnde Perlen entgegenrollen.
    Ich mag das ebenfalls.

    Einen Tag wie eine Perlenkette wünscht dir
    Hausfrau Hanna

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