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08 Januar 2014

Storytelling


Was heute  'storytelling' heisst, hiess damals ganz unspektakulär Geschichten erzählen.

Vater zum Beispiel war ein begnadeter Geschichtenerzähler.
Er besass eine innere Schatzkammer, die gefüllt war mit unendlich vielen Märchen, Sagen,  Fabeln sowie selbst gesponnenen und wahren Geschichten aus dem Aktivdienst. War die Türe zu seiner Kammer offen - und das war sie oft - liess sich das Kind stundenlang mitnehmen und forttragen in die väterlichen Erzählwelten.

Ein weiterer begabter Geschichtenerzähler war der reformierte Dorfpfarrer. Manchmal strömten die Bibelgeschichten aus seinem Mund dahin wie ein ruhiger Fluss zwischen seinen Ufern. Dann wieder schmückte er diese so spannend und farbig aus, dass sie kaum mehr als solche zu erkennen waren. Des Pfarrers nikotingefärbte Finger begleiteten gestenreich die Geschichten von Moses, Joseph und Abraham. Und diese wurden zu Abenteurern, Helden und Supermännern, die Verrücktes und Gefährliches anstellten.

Später übernahm dann der Geschichtslehrer. Von Natur aus war er eigentlich ein zurückhaltender Mann, den wir seines Aussehens wegen liebevoll spöttisch ‚den Alten’ nannten. Von einem Moment auf den andern konnte der Alte jedoch in Fahrt kommen, und dann erzählte er mit Verve detailgetreu und gruselig von historischen Begebenheiten, dass es uns gleichzeitig schauderte und faszinierte...




PS. Und niemandem kam es in den Sinn einzuschlummern oder wegzudösen. Wirklich niemandem.
PPS. Damals…



8 Kommentare:

  1. danken wir allen diesen erzähltalenten, denn sie haben uns geprägt. auch kenn ein paar solch farbige seelen (leider sind sie schon tot) - und die gestik zu den geschichten - ein wunderbares schattenspiel könnte man daraus machen...

    herzliche grüße ins vielgeliebte basel
    sylvia

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  2. Wir hatte an der KV-Berufsschule im an sich knochentrockenen Fach Wirtschafts- und Rechtskunde einen Lehrer, der von uns den Spitznamen "Trudi Gerster" erhielt. Völlig zu Recht, wie ich auch diverse Jahre später noch finde.

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  3. Auch meine drei erwähnten Erzähler sind alle schon tot,
    liebe Sylvia,
    umso schöner der Gedanke, ein Schattenspiel zu kreieren mit diesen die Kindheit und Jugendzeit prägenden 'storytellers' :)

    Herzlich Hausfrau Hanna

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  4. Trudi Gerster, die Märlitante meiner Kindheit und später dann zur Märchenkönigin aufgestiegen, kam mir beim Schreiben auch in den Sinn,
    liebe Frau Flohnmobil,
    dass ihr einen Lehrer nach ihr benannt habt, gefällt mir ausserordentlich gut :)
    Hat er um die Ehre gewusst?

    Herzlich Hausfrau Hanna

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  5. Nein, wir liessen Herrn Gurtner Zeit unserer Ausbildung im Ungewissen.

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  6. Schade!
    Aber vielleicht,
    liebe Frau Flohnmobil,
    hat er es dennoch mitbekommen...
    Und es für sich behalten ;)

    Herzlich Hausfrau Hanna

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  7. Oh ja, sollte es das Erzählen einmal nicht mehr geben, müsste man es neu erfinden!

    Toll, dass Sie so wunderbare Erzähler um sich hatten, Hausfrau Hanna!


    Liebe Grüsse,
    Frau Quer

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  8. Vielleicht ,
    liebe Frau Quer,
    wurde es mit dem Begriff 'storytelling' neu erfunden... ;)

    Ja, begabte Erzähler und Erzählerinnen sind wie die Würze in der Suppe!

    Herzlich Hausfrau Hanna

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