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16.10.2013

Zwischen zwei Haltestellen (51)


Wie habe ich mich auf diesen Abend gefreut!
Connie Palmen, die holländische Autorin, kam für eine Lesung ihres neuen Buches 'Logbuch eine unbarmherzigen Jahres' nach Liestal, dem Hauptstädtchen des benachbarten Landkantons.
Im Vorverkauf bekam ich gerade noch rechtzeitig zwei Tickets, es hatte nur noch eine Handvoll übrig...
Gestern nun war es soweit.
Wir trafen uns um 18.30 im Bahnhof. Meine Begleitung und ich. In gespannter Vorfreude und schwatzend fuhren wir die Rolltreppe hoch.
Wir schwatzten während des ganzen Weges über die Passerelle. Und schwatzten auch auf der Rolltreppe hinunter zum Perron 7.
Schwatzend suchten wir nach zwei freien Plätzen. Da es Feierabend war, war der Zug gut besetzt, die Leute sassen still da. Wir setzten uns in ein Abteil, in dem es sich eine Frau mit Reisegepäck gemütlich gemacht hatte.
Der Zug fuhr ab. Etwas zu früh, wie es mir einen Moment lang schien.
Die ganzen zehn Minuten Zugfahrt schwatzten wir durch. Als einzige.
Der Zug fuhr in Liestal ein. Und bremste nicht ab. Er fuhr mit voller Geschwindigkeit durch.
Zuerst glaubten wir an ein Versehen des Lokführers.
Die nette Nachbarin klärte uns jedoch auf: "Das ist ein direkter Zug ohne Halt bis Zürich!"
Ich sackte zusammen, begann haltlos zu lachen. Wir zwei alten Hühner hatten den falschen Zug erwischt. Denjenigen auf Geleise 8 anstatt 7. Hatten zuviel gegackert und zu wenig geschaut.
Dann kam auch schon der Zugbegleiter.
Und wir hatten Glück.
Er war sehr lieb, zeigte Verständnis und sogar leichtes Mitgefühl, als wir ihm von der verpassten Lesung erzählten. Er druckte uns zwei Billette aus, mit denen wir den nächsten, direkten Zug nach Basel nehmen konnten. Mindestens fünf Mal insistierte er: "Der Zug fährt um 19.34 ab, das Geleise kann ich Ihnen leider nicht sagen. Gälled Sie, Sie nehmen diesen Zug!"
Wir versprachen es ihm. Hoch und heilig. Und bedankten uns herzlich.
In Zürich verabschiedeten wir uns von unserer Nachbarin, die nach Chur weiterfuhr, stiegen wortlos aus und schauten zweimal auf der Anzeigetafel nach, auf welchem Geleise der Zug abfuhr. Bevor wir in den wartenden Zug einstiegen, vergewisserten wir uns nochmals, dass es der richtige war.
Erst als wir sassen, begannen wir wieder zu schwatzen.
Nonstop. Wie die Fahrt zurück nach Basel.
Bei der Durchfahrt in Liestal sahen wir die hell erleuchtete Kantonsbibliothek.
Den Ort, wo wir eigentlich hätten sein sollen...





6 Kommentare:

  1. Ach Mensch, das ist ja unglücklich. So was ist mir auch schon passiert, ohne dass ich mit jemandem geschwatzt habe. Dazu war ich auch noch hundemüde und so unglücklich, dass ich auch noch zwei Stunden mit Fahren ins Nirgendwo verlieren musste. Lieb waren die Mitfahrenden. Einer platzierte mich auf seine reservierten Platz und meinte, er würde schon was anderes finden. Ich brauchte jetzt erst mal Ruhe!

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  2. Dann stimmt es also tatsächlich, dass das Schönste an Zürich der Schnellzug nach Basel ist...?

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  3. Ach, wie ärgerlich! Tja, der Abend hätte besser laufen können - aber auch schlechter, wie ich meine. Immerhin haben Sie sich mit Ihrer Bekannten mal wieder richtig ausführlich unterhalten können, liebe Hausfrau Hanna... :-)
    Vielleicht wollte es das Schicksal so. Nicht traurig sein!!
    Herzlichen Morgengruss,
    Frau Quer

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  4. Allein u n d müde zu sein und dazu noch im falschen Zug zu sitzen,
    liebe Annette,
    das tönt in meinen Ohren viel unglücklicher! Aber vielleicht erfährt man in solchen Augenblicken auch, wie freundlich Mitmenschen sein und reagieren können :)

    Herzlich Hausfrau Hanna

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  5. n diesem Falle stimmte das tatsächlich,
    liebe Frau Flohnmobil,
    wobei ich den ungewollten Aufenthalt in Zürich gern noch benützt hätte, um im Bahnhofbuffet einen zu 'zwitschern'.
    Aber wir mussten UNBEDINGT auf diesen Zug um 19.34!
    Das 'Zwitschern' holten wir dann allerdings im Bahnhofbuffet Basel nach...;)

    Herzlich Hausfrau Hanna

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  6. Es 'fuchste' mich unglaublich,
    liebe Frau Quer,
    diesen Anlass verpasst zu haben.
    Sonst war das Ganze eher komisch. Und wieder einmal von Herzen über sich selbst zu lachen, war noch erfrischend... ;)

    Herzlich Hausfrau Hanna

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