Nie in all den Jahren vermochte ich die riesiggrosse Hemmschwelle zu überwinden.
Gestern war alles anders.
Viele wollten hinein in die Räume einer der weltbesten und bekanntesten Galerien hier in der Altstadt: Die Galerie Beyeler. Und ich bewegte mich im Menschenstrom mit.
Der Galerist und Kunstsammler Ernst Beyeler war vor gut einem Jahr gestorben.
Gestern Samstag waren die Türen und Räume seiner Galerie ein letztes Mal weit geöffnet.
Ein endgültiger Abschied.
Seine Privatsammlung wird an einer Auktion bei Christie's versteigert.
Im ersten Obergeschoss in einem der kleinen, niedrigen Räume hing ein Picasso:
Sauber und ordentlich neben jedem Werk eine Schätzung.
Die Zahlen erzeugten im Kopf leichten Schwindel ...
Eines der teuersten Bilder war eine 'Tänzerin' von Paul Klee.
Sie wurde auf 2-3 Millionen geschätzt:
Sie wurde auf 2-3 Millionen geschätzt:
In einer Nische dann als Auflockerung ein echtes Blumenbukett:
Die Schwelle zu Herrn Beyelers Arbeitsraum durfte nicht überschritten werden. Einer dieser kahlrasierten, dunkelgekleideten Sicherheitsleute mit Knopf im Ohr bildete mit seinem Arm einen Riegel.
Afrikanische Skulpturen standen auf dem einfachen Holztisch, davor der 'Thron', Herrn Beyelers Sitzgelegenheit:
"Eine solche Küche hatte ich vor 50 Jahren", sagte eine Dame neben mir zu ihrer Begleitung.
Wo nur sah sie eine Küche? Ich hätte das, was sie als Küche bezeichnete, glatt übersehen, so unauffällig und winzig war sie. Auf einem guten Quadratmeter fand ein mindestens 50-jähriger Schüttstein Platz. Darüber ein Durchlauferhitzer. Daneben ein Schaft. Das war's auch schon.
Was mich am meisten bewegte, waren nicht die wertvollen Kunstobjekte. Es waren die aufgehobenen und materiell wertlosen Gegenstände, die im spärlichen Raum zwischen einem Innen- und einem Vorfenster Platz fanden:
Persönliche, emotionale Schätze. Briefbeschwerer aus Glas. Steine. Herzen. Fotos...
Und gleich daneben ein kleines, gerahmtes Bild - ein Frauenkopf von Picasso.
Es hätte locker in meine Baumwollumhängetasche gepasst...
Fast hätte ich es vergessen: Es gab auch einen Apéro. Bescheiden auch er. Alles Andere hätte nicht gepasst. Rot- und Weisswein, den man sich einschenken lassen konnte. Daneben grosse Gläser mit roten Knöllchen. Beim genauer Hinschauen waren es sauber gerüstete Radieschen.
Im oberen Stock waren ein paar mit Käse gefüllte Blätterteigstangen übriggeblieben.
Ich ass zwei.
Mehr hätte ich mich auch nicht getraut...
Zum Schluss noch ein letztes schönes Bild.
PS. Ich nenne es 'Pfingsthimmel'. Zur Erinnerung...
"Gönne dir ein echtes Kunstwerk" rät mir ein Buch, das ich gerade gelesen haben. Die Galerie Beyeler wäre vielleicht nicht gerade der richtige Ort gewesen, diesen Ratschlag zu verwirklichen. Deine leidenschaftliche Beschreibung bestärkt mich aber darin, es zu tun. Echte Kunst muss ja nicht immer Millionen kosten.
AntwortenLöschenDie Welt wimmelt von Kunst, die man sich auch mit einem bescheidenen Budget gönnen kann,
AntwortenLöschenlieber Tinu,
denn wer hat schon Millionen einfach so zur Verfügung...;-)
Ich jedenfalls nicht.
Leider!
Herzlich Hausfrau Hanna
Das hat mir gefallen; dieser kleine Rundgang in Bild und Text. Das mit der Küche sehe ich gar nicht auf dem Foto-in-die-Stube-Bild.
AntwortenLöschenWas vom Leben übrig bleibt...
Manche Menschen hinterlassen mehr als andere,
AntwortenLöschenliebe Frau Wildgans,
und von Herrn Beyelers Sammelleben blieb Beeindruckendes...
Die Küche aus längstvergangenen Tagen gehörte da nicht dazu.
Herzlich Hausfrau Hanna
Ein gutes Beispiel, was sogenannte Kunstkenner so alles in Bilder, oder eben halt auch Räume, hineininterpretieren können. ;-)
AntwortenLöschenDa lob ich mir doch deinen unaufgeregten Rundgang mit den Augen fürs Schöne auch zwischen den sogenannten Kunstschätzen.
In diese Räume konnte man wirklich nichts Grossartiges hineininterpretieren,
AntwortenLöschenlieber Bobsmile,
nur Bescheidenheit, Einfachheit und reine Hingabe an die Kunst!
Das hat meinen ersten und zugleich letzten Aufenthalt auch zu einem solchen Erlebnis gemacht.
Unvergesslich!
Herzlich grüsst dich
Hausfrau Hanna