Den gestrigen informativen Artikel über die unauffindbaren oder sogar ausgestorbenen 'hemmafruar' in Schweden kann man
hier nochmals lesen. Benötigt etwas Zeit, lohnt sich jedoch...
Ich wiederhole den Inhalt des Artikels nicht, sondern möchte nur von meinem kleinen, persönlichen Einblick schreiben, den ich während meines Stockholmaufenthalts ins flexible schwedische Schul- und Betreuungssystem bekam.
Jeweils am Dienstag und am Donnerstag holte ich die beiden 'flickor' (Mädchen) nachmittags zwischen 16.00 und 17.00 Uhr von der Schule und der Vorschule ab. Zusammen mit Vätern und Müttern wartetete ich auf die Kinder. Diese liessen sich jeweils viel Zeit. Das gemeinsame Spiel mit den Freundinnen und Freunden im Schulgarten oder im Klassenzimmer war wichtiger als das Nachhausegehen.
Immer präsent waren zwei oder drei Lehrpersonen. Sie liessen den Kindern viel Freiraum, ohne sie ständig zu animieren oder sich ins Spiel einzumischen. Weinte jedoch eines oder brauchte Hilfe und Unterstützung, war sofort eine erwachsene Person zur Stelle. Das geschah alles völlig unaufgeregt und sehr zugewandt.
Ich erlebte ausserdem 'meine' schwedischen Kinder (damals 6 und 9) als äusserst sozialkompetent und selbständig.
Schwedische Familien sind es, im Gegensatz zu uns, seit Jahrzehnten gewohnt, in diesen Strukturen den Familien-, Schul- und Berufsalltag zu leben, denn seit 1974 kennt Schweden die
Elternzeit.
Als erstes Land notabene in Europa.
Jede Lösung, mag sie noch so gut sein, hat Mängel. So bestimmt auch das schwedische Modell.
Lisette machte sich übrigens gestern dazu
in einem Kommentar einige Gedanken.
Dennoch.
Ich bin beeindruckt - jag är imponerad!
Und würde das schwedische Modell am liebsten sofort und flächendeckend hier einführen.
Auch wenn mich als Hausfrau die 1934 (!) geschriebenen Worte der schwedischen Soziologin und Sozialreformerin
Alva Myrdal wie starker Tabak in den Augen brennen:
"Natürlich werde die Hausarbeit den Frauen auch in Zukunft Möglichkeiten eröffnen.
Jedenfalls allen schwachen, idiotischen, faulen,
unambitionierten oder generell unterbelichteten.
Ausserdem steht für diese Personen auch Vollzeit- und
vor allem Teilzeitprostitution als Ausweg offen."
PS. Alva Myrdal war anfangs 30, als sie die Abhandlung für eine neue Familienform schrieb.
PPS. In diesem Alter ist man noch kompromisslos und radikal.
PPPS. Bestimmt wurde sie in ihren späteren Jahren nachdenklicher und besonnener, auch in ihrer Wortwahl.
PPPPS. Denn 1982 bekam sie den...
Friedensnobelpreis!